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Rauhnächte

Die Rauhnächte, zwölf Nächte, im Erzgebirge Innernächte sind einige Nächte um den Jahreswechsel, denen im europäischen Brauchtum eine besondere Bedeutung zugemessen wird. Meist handelt es sich um die Zwölf Weihnachtstage vom Weihnachtstag (25. Dezember) bis zum Fest der Erscheinung des Herrn(6. Januar), gelegentlich um andere Zeiträume, beispielsweise jenen zwischen dem Thomastagund Neujahr. In manchen Gebieten wird die Thomasnacht nicht hinzugezählt. Nachwilde jagd dem Volksglauben zogen sich die stürmischen Mächte der Mittwinterzeit in der Nacht auf den 6. Januar zurück, „die Wilde Jagd“ begab sich am Ende der Raunächte zur Ruhe. Die zwölf Raunächte waren als Bauernregel gemäß der pauren practick bestimmend für das Wetter der zwölf Monate des neuen Jahres.
Je nach Region unterscheidet sich die Anzahl der Raunächte zwischen drei und zwölf Nächten. Als die vier wichtigsten Raunächte werden bezeichnet:

20./21. Dezember Thomasnacht, die Nacht auf den Thomastag, der kürzeste Tag des Jahres
24./25. Dezember (Heiliger Abend, Christnacht)
31. Dezember/1. Januar (Silvester)
5./6. Januar Dreikönigstag (Vigil von Erscheinung des Herrn)

Wortherkunft
Die Etymologie des Wortes Raunacht ist umstritten. Einer vertretenen Ansicht zufolge geht es auf das mittelhochdeutsche Wort rûch‚haarig‘ zurück, das heute in dieser Bedeutung in der Kürschnerei als „Rauware“ oder „Rauchware“ für Pelzwaren noch in Verwendung ist. Es würde sich dabei auf mit Fell bekleidete Dämonen beziehen, die in diesen Nächten ihr Unwesen treiben, oder aber vielleicht auf Rituale rund um das Nutzvieh.
Eine andere Herleitung des Wortes Raunacht geht vom traditionellen Beräuchern der Ställe mit Weihrauch durch den Priester oder rauhnachtden Hofbauern aus. Diese Interpretation ist ebenfalls recht alt, es gibt Berichte über diesen Brauch aus dem 16. Jahrhundert in denen heißt es: „Die zwolff naecht zwischen Weihenacht und Heyligen drey Künig tag ist kein hauß das nit all tag weiroch rauch in yr herberg mache / für alle teüfel gespenst vnd zauberey.“

Kalendarische Grundlagen
Seinen Ursprung hat der Brauch vermutlich in der Zeitrechnung nach einem Mondjahr. Ein Jahr aus zwölf Mondmonaten umfasst nur 354 Tage. Wie in allen einfachen Kalendern, die keine Schalttage auf den Sonnenkalender haben, werden die auf die 365 Tage des Sonnenjahres fehlenden elf Tage – beziehungsweise zwölf Nächte – als „tote Tage“ (das sind Tage „außerhalb der Zeit“, im Besonderen außerhalb der Mondmonatsrechnung) eingeschoben.
Von solchen Tagen wird in Mythologien oft verbreitet angenommen, dass die Gesetze der Natur außer Kraft gesetzt seien und daher die Grenzen zu anderen Welten fielen. In vielen Kulturen, die so ein Kalendersystem verwenden, verbindet sich diese Zeitspanne oftmals mit Ritualen und Volksbrauchtum.

Die Wilde Jagd und andere Geister
Zur Mitte der Zwölfnächte, nämlich zu Silvester, soll die Wilde Jagd aufbrechen. In dieser Zeit stehe das Geisterreich offen und die Seelen der Verstorbenen sowie die Geister haben Ausgang. Dämonen können Umzüge veranstalten oder mit der Wilden Jagd durch die Lande ziehen. Bis in die jüngere Zeit war in weiten Teilen Europas der Glaube verbreitet, dass sich zauberkundige Menschen, die einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hatten, zu dieser Zeit in Werwölfe verwandelten und in dieser Gestalt Mensch und Vieh bedrohten, etwa im Baltikum, in Westdeutschland, speziell in der Eifel und den benachbarten Ardennen, oder in Bulgarien.
Diese Vorstellung spiegelt sich in den Perchtenläufen des Alpenraums wider. Eine andere Form der Perchten. Auch der Brauch, zuperchten Silvester Lärm zu erzeugen (Silvesterfeuerwerk), sollte die Unholde fernhalten, im Alpenraum wird in allen Raunächten auch geböllert. In Norddeutschland ist bis heute das Rummelpottlaufen verbreitet.

Wahrsagen und sprechende Tiere
Angeblich sind die Raunächte auch für das Befragen von Orakeln geeignet. Im Silvesterbrauchtum wird dieser Glaube – wenngleich in erster Linie aus Geselligkeit – in Form des Bleigießens bis heute weiter gepflegt. Der Zwiebelkalender dient der Wetterprognose. Tiere im Stall sollen um Mitternacht mancher Raunächte die menschliche Sprache sprechen und über die Zukunft erzählen – wer die Tiere allerdings sprechen höre, sterbe unmittelbar danach. Mancherorts dürfen sich die Tiere bei einem Hausgeist (als Einbruch der Heidenwelt in die Christfestlichkeiten, aber auch in einer christianisierten Entsprechung) über ihren Herrn beschweren: Hat er sie im letzten Jahr schlecht behandelt, wird er bestraft.
Im 19. Jahrhundert galten die Raunächte für unverheiratete Frauen als eine Gelegenheit, um Mitternacht an einem Kreuzweg oder einem anderen magischen Ort ihren künftigen Bräutigam zu sehen. Seine Gestalt erschien dann und ging schweigend vorüber, und das Mädchen durfte ihn weder ansprechen noch ihm nachschauen, weil dies den Tod bedeutet hätte (Bretagne, Wales, Schottland).

Ordnung und Umsicht
Die vier wichtigen Raunächte galten mancherorts als derart gefährlich, dass sie mit Fasten und Gebet begangen wurden. Im Haus durfte keine Unordnung herrschen, keine weiße Wäsche auf der Leine hängen (welche die Reiter stehlen würden, um sie dann im Laufe des Jahres als Leichentuch für den Besitzer zu benutzen). Es durften keine Wäscheleinen gespannt werden, da sich in diesen die Wilde Jagd verfangen könnte. In einer anderen Version ist dies besonders (jüngeren) Frauen verboten. Durch das Aufhängen von weißer (Unter-)Wäsche würde die Wilde Jagd angelockt und dann über diese Frauen „herfallen“. Frauen und Kinder sollten nach Einbruch der Dunkelheit auch nicht mehr alleine auf der Straße sein. Darüber hinaus darf nicht Karten gespielt werden. In manchen Gegenden des Ostalpenraums wurden diese Vorschriften von Perchten überwacht. Die sogenannte Roggenmuhme, auch „Rockenmör“, straft die faulen Mägde, die in den Zwölfnächten ihre Spinnrocken nicht abgesponnen haben.
Also das mit der Wäsche aufhängen ist bei uns in der Familie auch so, aber zum Glück gibt es heutzutage ja Wäschetrockner, da hat die Wilde Jagd keine Chance.